Offener Brief an den Landrat von Miesbach Olaf von Löwis of Menar

Zum Thema Gams-Abschuss im Landkreis Miesbach und die Probleme die sich draus für den Naturschutz und die Gams ergeben…..

Sehr geehrter Landrat Herr Olaf von Löwis of Menar,

der Adler hat es nicht leicht in unseren Bergen, schon allein durch den hohen touristischen Druck und die damit einhergehende Unruhe in seinem Revier. Die Brut und Aufzucht der Jungvögel ist kräfteraubend und das Nahrungsangebot wird immer dünner. So kommt es zu nur geringen Bruterfolgen und der Bestand bleibt fragil.

So schön wie er ist und so gern wir den König am Himmel kreisen sehen, so schwer machen wir Menschen es ihm seinen Tagesbedarf an Nahrung zu decken, obwohl doch das Landratsamt und Sie als Landrat viel Engagement und Mühe für Monitoring und Schutzmaßnahmen durch Ranger und Studien investieren und überregional dafür auch viel positive Resonanz bekommen. Wo normal Gams und das damit einhergehende Fallwild und Jungwild ausreichend Nahrung bereitstellte, sind heute Schutzwaldsanierungen mit Schonzeitaufhebungen mit jährlich steigenden Abschussforderungen und -zahlen.

Der Bestand der Gams in unseren Bergen ist unklar, da es dazu im Augenblick keine fundierten Erhebungen bzw. Ergebnisse gibt. Aber klar ist, dass wenn der Abschussplan über 700 Gams allein für dieses Jahr in unserem gesamten Landkreis vorsieht, für den Adler nicht allzu viel übrigbleiben wird.

Hier sprechen wir von 583 Gams allein in den drei Staatsjagdrevieren. Begründet wird dies auf dem internen Monitoring der BaySF, welches einen positiven Zuwachs sehen will, obwohl die Zählungen im Forstbetrieb Schliersee von 317 (2020) auf 235 Gams (2021) rückläufig sind. Gleichzeitig informiert die BaySF aber auch darüber, dass konkrete Zahlen ihres Monitorings zur Gams-Population erst in ein paar Jahren getroffen werden können. Was den vermeintlich positiven Zuwachs offen gesagt fragwürdig erscheinen lässt und ihre eigenen Zahlen nicht erkennen lassen. Ohne valide Daten zum Bestand und rückläufigen Zahlen, wäre es interessant wie man auf einen positiven Zuwachs kommt oder kommen will. Trotz dieser Zahlen sollen in dem BaySF Revier Miesbach die Abschusszahlen von ursprünglich 435 (Abschussplan vor Umverteilungen gleicher Zeitraum, im Verlauf des Jahres erhöht auf 479) auf 550 erhöht werden. Kurz: Dieses Jahr sollen also 26 % mehr Gams, sprich 115 Tiere zusätzlich geschossen werden.

Es wird für den Adler sicherlich eng, zumal die Altersstruktur der Abschüsse sehr stark auf das Jungwild (schlagbar für den Adler), dass anteilig mit 85% hinsichtlich der Hegerichtlinie überschossen ist, angelegt ist. Danach kommen die mittelalten Stücke, die eigentlich für einen gesunden Fortbestand der Population wichtig sind und es so nicht in die höheren Altersklassen (Fallwild) schaffen.

Auch hier werden laut Abschusslisten auf ca. 24.000 Hektar (75 % Fläche LK Miesbach) nahezu keine alten Führungsböcke und erfahrene Geißn mehr erlegt.    Was bei der Zusammensetzung der Gesamtpopulation tief blicken lässt und doch ignoriert wird. Diese Altersgruppen (jung und alt) stellen allerdings die Hauptbeutetier-Gruppe für unsere Adler dar.

Die Hegerichtlinien (gesetzliche Regelung zur Strukturierung der Abschussplanung) wird laut BaySF penibel eingehalten. Jedoch sind schon die gewünschte Zusammensetzung bei der Abschussplanung der BaySF nicht konform mit den Hegerichtlinien. Was schon am Prozedere der Abschussplanung, bzgl. der nicht definierten Altersstrukturen an sich, liegt. Diese Problematik, die eigentlich einem interpretierbaren Freibrief in der Zusammensetzung gleich kommt und genutzt wird, ist bayernweit bekannt und wird ignoriert.

Damit weicht der Adler neben Mankei, die ohnehin zu seinen Beutetieren gehören, auch auf vom Aussterben bedrohte Arten wie Birk- und Auerwild aus. Genau auf diese Tierarten für die wir mit Geld und viel Aufwand Wildschutzgebiet einrichten, kontrollieren und monitoren.

Vielleicht sollten die BaySF hier, wie in ihrer Agenda immer wieder gerne betont, auch naturschutzfachliche Aspekte in Betracht ziehen und vor die wirtschaftlichen Interessen stellen, um für ausreichend Beutetiere und deren Daseinsberechtigung und Nachhaltigkeit zu sorgen, da sie auch indirekt wieder gefährdete Arten und Lebensräume am Leben halten.

Bedenkt man wie hoch der Begriff Diversität und Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft gehalten wird, wundert es doch, dass es in der Natur mehr um wirtschaftliche Interessen geht und man die "Bio-"Diversität wie auch den Nachhaltigkeitsgedanken hinten anstellt bzw. nur einseitig gelten lässt.

So wichtig der klimaresistente Zukunfts- und Schutzwald ist, können nicht unsere Wildtiere, vom Reh bis zur Gams, als Wurzel allen Übels gesehen werden. Man muss sich auch eingestehen, dass die waldbaulichen und klimatischen Probleme des Waldes ein Kind der Monokulturen sind, die über Jahrzehnte forstlich angelegt und bestrebt wurden. So wird es für den Steinadler, den König der Lüfte, in unseren Bergen schwer bleiben und vielleicht noch schwieriger werden seine Bestände zu erhalten und hier wieder ausreichend Fuß zu fassen. Die Abschusszahlen steigen stetig jedes Jahr. Hier muss die Frage gestellt werden, wie lange die Adler und auch die Gamsbestände diese Praxis ertragen können.

Ein objektiver Blick der Politik und etwas Rückhalt für unsere Natur wäre hier wünschenswert. Unabhängige fundierte Zahlen und klare Einblicke über die heimischen Populationen unserer Wildtiere, verbunden mit einem sachlichen und ideologiefreien Management auf Basis der Hegerichtlinien wäre ökologisch und ökonomisch zukunftsweisend. Hier ist die Politik gefragt.

Es wäre sehr schade, wenn zu guter Letzt nur der Bundesadler auf einer Flagge übrigbleibt.           Ganz zu schweigen von der Gams, die man ohnehin nur selten in kleiner Zahl zu Gesicht bekommt und am Ende ähnlich dem Bundesadler irgendwann nur noch das Wappen von Gemeinden schmückt und nicht die Berge, wo sie hingehören.

Mit freundlichen Grüßen

Die Vorstandschaft der Kreisgruppe Miesbach

im Bayerischen Jagdverband

 
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